Steigern die neuen Anreize die Leistungen von Behörden?

1. Die Gesamtleistungsformel

Im Vordergrund meines Referates[1] soll die Frage stehen, ob die neuen Leistungsanreize, wie sie im Dienstrechtsreformgesetz[2] vorgesehen und im Bundesbereich bereits weitgehend umgesetzt sind, dazu in der Lage sind, die Gesamtleistungen einer Organisation zu steigern. Ich gehe dabei von der Grundannahme aus, daß monetäre Anreize durchaus einzelne Personen zu einer erhöhten Arbeitsmotivation veranlassen können. Aber ist damit zugleich eine Steigerung der Gesamtleistung der Organisation verbunden?

Um die Steigerung der Gesamtleistung abzuschätzen, gehe ich von folgender Gesamtleistungsformel aus:

Motivations- und Leistungssteigerungen aufgrund monetärer Anreize

Zur Abschätzung der motivationalen Wirkungen extrinsischer Anreize haben die "Erwartung mal Wert -Theorien" lange Zeit in der Motivationspsychologie breite Beachtung gefunden.[3] Demnach hängt das Motivationspotential zum einen vom Wert der erwarteten Belohnung ab. Beispiel: Auf einem Spaziergang sehen Sie 5 DM unter einem Dornbusch liegen. Diesen 5 DM Schein werden Sie vielleicht versuchen, unter dem Gebüsch herauszuholen. Sofern dort aber ein 50 DM Schein liegt, würden Sie - so die Annahme dieses Modells - mehr Anstrengungen investieren, um an diesen Geldschein heranzukommen.

Zum anderen hängt die Motivation auch von der Erwartung ab, durch eigene Anstrengungen das Ziel erreichen zu können. Normalerweise wird man sich nach einem 50 DM Schein bücken. Wird man sich aber auch noch bücken, wenn man sieht, daß dieser Geldschein an einem Faden hängt und hinter dem nahen Baum drei Lausbuben tuscheln? Die persönlichen Erfolgserwartungen würden sicherlich hierdurch erheblich verringert.

2. Motivationssteigerungen = persönliche Erfolgserwartung x Wert der Auszeichnung

2.1. Der Wert der Leistungsanreize

Beginnen wir mit dem Wert dieser neuen Leistungsanreize. Grob überschlagen beträgt er ca 1 % der Gehaltssumme, die für die Beschäftigten ausgezahlt werden. Dieser Topf ist damit, verglichen mit vergleichbaren Töpfen der freien Wirtschaft, klein bemessen. 

Ein Anreiz von 3000 DM hat nicht für alle Personen den gleichen persönlichen Wert. Dieser Wert hängt insbesondere von den persönlichen Einkommensverhältnissen ab. Die Höhe der möglichen Leistungsprämien orientiert sich an den Anfangsgrundgehältern der erreichten Besoldungsstufe. Hierdurch wird dem persönlichen Wertempfinden Rechnung getragen. 

Diese Gelder sind durch Einsparungen im Personalhaushalt durch Nichtbesetzen von Stellen zu erwirtschaften.[4] In einer Zeit, in der zunehmend von gewerkschaftlicher, aber auch von politischer Seite die Verantwortung des öffentlichen Sektors für die Schaffung neuer Arbeitsplätze betont wird, erhalten diese Belohnungen hierdurch einen unangenehmen "Beigeschmack."

Auch bis dahin gibt es bereits extrinsische Leistungsanreize im öffentlichen Dienst: die Beförderungen. Der Wert, den man einem Anreiz zumißt, ist immer auch abhängig von dem, was andere erhalten (haben). Verglichen mit dem, was eine Beförderung erbringt, haben die neuen Leistungsanreize den Wert von "Trostpreisen" - wobei man sich auch über Trostpreise in der Regel durchaus freut. Die neuen Leistungsanreize geben den Behörden die Möglichkeit, auch den Personen, deren Beförderung z. B. aufgrund enger werdender Beförderungschancen "klemmt", einen gewissen Ausgleich zu gewähren. Die Erfahrungen aus unterschiedlichen Behörden im Bundesbereich bestärken meinen Eindruck, daß in den ersten Auszeichnungsrunden die neuen Leistungsentgelte insbesondere Personen zugeteilt worden sind, die zur Beförderung "anstehen". 

In einigen Behörden mangelt es an einer spitzen Dienstpostenbewertung, d. h. beispielsweise werden Beamten mit der gleichen Tätigkeit im Beamtenbereich nach A 9, nach A 10 oder nach A 11 besoldet, wobei die zugrundeliegenden Beförderungsentschei-dungen nach den gezeigten Leistungen erfolgen sollten. Durch die neuen Leistungsanreize wird diese Differenzierung weiter aufgespalten und unübersichtlicher, denn jetzt gibt es die A 9 mit vorgezogener Leistungsstufe und ohne Leistungsstufe, mit Zulage und ohne Zulage, daneben die A 10 mit und ohne vorgezogener Leistungsstufe, mit Zulage und ohne Zulage, ähnlich die A 11 usw. Ich möchte die Hypothese aufstellen, daß eine solche Unübersichtlichkeit insgesamt eher das Gefühl fördert, daß man persönlich "ungerecht" entlohnt wird. Viele Forschungsergebnisse deuten darauf hin, daß insbesondere das persönliche Empfinden, im Vergleich zu anderen Kollegen des näheren Arbeitsumfeldes "ungerecht" entlohnt zu werden, ein bedeutsamer "Motivationskiller" zu sein scheint.[5]

Wollte man die neuen flexiblen Formen der Leistungsbesoldung aufwerten, indem man mehr Geld diesem Topf zuweist, wäre darüber nachzudenken, die Grundgehälter über eine "spitze Dienstposten-bewertung" anzugleichen[6]. Dieser Gedanke findet beispielsweise bei der aktuellen Diskussion um neue Leistungsprämierungen für Hochschullehrer Beachtung. Der Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz zieht in Erwägung, im Universitätsbereich auf die Differenzierung nach C 3 und C 4 zu verzichten und statt dessen ein einheitliches Basisgrundgehalt plus Leistungsprämierungen vorzusehen. 

Man darf den Wert der neuen Leistungsanreize nicht auf den finanziellen Aspekt verkürzen. Die Auszeichnung trägt zur Befriedigung des persönlichen Bedürfnisses nach Anerkennung der eigenen Person und der eigenen Leistung bei. Dadurch, daß jährlich 20 % der Mitarbeiter ausgezeichnet werden (können), wird diesem Personenkreis eine offene Anerkennung durch den Vorgesetzten zuteil. Fehlendes Lob und unzureichende Anerkennung persönlicher Leistungen scheinen insbesondere im öffentlichen Dienst ein wesentlicher"Motivationskiller" zu sein. "Nicht getadelt ist schon genug gelobt!", dieser Satz charakterisiert nach meinen Eindrücken - aber auch nach den von Prof. Klages zuvor dargelegten Befragungsergebnissen - das Führungsklima in vielen öffentlichen Arbeitsbereichen trefflich.

Das Bedürfnis, Rückmeldungen über den Erfolg persönlicher Anstrengungen zu erhalten, speist sich nicht nur aus dem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung. Motivationspsychologen gehen davon aus, daß der Mensch zudem ein natürliches Bedürfnis nach Leistung und nach dem Austesten der eigenen Leistungsgrenzen hat. Dieses Leistungsbedürfnis kann sich nur entfalten, wenn es dem einzelnen über eine Leistungsmesssung möglich ist, sich bestimmte persönliche Leistungsziele vorzunehmen.[7] Sofern das Ausloben von Leistungsanreizen zu einem Anlaß wird, quantitative und - in der Regel schwieriger - qualitative Leistungsindikatoren zu entwickeln, wird hiermit eine Grundlage zur Entfaltung des Leistungsmotivs im Arbeitsbereich gelegt. 

Das im Bundesbereich sehr stark vorhandene Bestreben, die Zuerkennung der neuen flexiblen Leistungsentlohnungen als reine Vorgesetztenentscheidung zu betrachten und die Vorbehalte gegenüber "Kriterienkatalogen" sind hierfür wenig hilfreich. Der Ansatz der Stadt Saarbrücken[8] zeigt, wie das Ausloben von Prämien als ein Incentive für die gemeinsame Konkretisierung von Arbeitszielen und Leistungsindikatoren genutzt werden kann.

2.2. Die persönlichen Erfolgserwartungen

Ob äußere Anreize motivationssteigernd sind, ist von einem zweiten Faktor abhängig - den persönlichen Erfolgserwartungen. Äußere Anreize motivieren, wenn der einzelne der Ansicht ist, daß ihr Erreichen von der Person selbst - insbesondere von den eigenen Anstrengungen - abhängig ist, und nicht vom Glück oder der Willkür anderer (Nasenprämien). 

Um derartige persönliche Erfolgserwartungen zu entwickeln, muß man darüber informiert sein, daß es Leistungsanreize gibt und unter welchen Bedingungen man sie erreichen kann. Die Aufspaltung der Leistungsanreize in drei Gruppen Leistungsprämien, Leistungszulagen und vorgezogene Leistungsstufe ist auf den ersten Blick verwirrend; für welche Form von Leistungen bei welchem Personenkreis welcher Leistungsanreiz in Frage kommen kann, ist für viele unklar. "Wissen Sie, ob Sie zur Zeit bereits für eine vorzeitige Leistungsstufe theoretisch in Frage kämen"? Ich jedenfalls weiß es zur Zeit für meine Person nicht.

In vielen Behörden sind Zielsysteme, die definieren, wodurch sich besondere Leistungen am Arbeitsplatz herausheben, noch unterentwickelt. Der Mitarbeiter kann unter diesem Aspekt kein persönliches Gefühl entwickeln, ob das Erreichen eines neuen Leistungsanreizes für ihn ein realistisches Ziel ist. Monetäre Leistungsanreize scheinen insbesondere dort in besonderer Weise motivationsförderlich zu sein, wo eine enge "Wenn - Dann Verknüpfung" gegeben ist, beispielsweise wenn Gehaltsbestandteile von Umsatzzahlen, Vertragsabschlüssen oder - wie im öffentlich Dienst diskutiert - von realisierten Einsparungen (z. B. im Energiebereich) abhängig gemacht werden. 

Ob ich einen Leistungsanreiz erhalte, ist zum einen Teil von meiner eigenen Leistung abhängig, zum anderen aber von den Leistungen, die die Kollegen erbracht haben. Die Beschränkung der Auserwählten auf jeweils 10 % zwingt den Entscheider dazu, ein soziales Ranking durchzuführen. Das Vorabversprechen einer bestimmten Gratifikation bei einer bestimmten Leistung, d. h. eine enge "Wenn - Dann Verknüpfung", ist hierdurch nicht möglich. Dieser starke soziale Bezug - verbunden mit der geringen Quote von je 10 % - macht für den einzelnen schwer kalkulierbar, ob sich besondere Anstrengungen auszahlen werden.

"Ich erhalte eine Leistungsprämie, wenn ich mich besonders anstrenge, und 

so ungefähr müßte meine interne Erfolgskalkulation aussehen. Deutlich wird: Ob sich meine erhöhte Anstrengungsbereitschaft auszahlen wird, ist von vielen Faktoren abhängig, die ich persönlich nicht beeinflussen und schwer voraussehen kann. 

3. Motivationsminderungen

Leistungsprämien können für einzelne einen Anreiz zu mehr Leistung sein, sie können aber auch demotivierend wirken. Hier ist insbesondere an die Personen zu denken, die trotz besonderer Anstrengungen dennoch kein Geld erhalten. Sie sind enttäuscht. Ihnen ist Appetit gemacht worden, sie werden mit "hängender Zunge" stehen gelassen. Die Anzahl der Enttäuschten ist groß, wenn nur ca. 20 %der Mitarbeiter/innen in den Genuß einer Auszeichnung kommen. Erwartung ist ein erfahrungsgeprägter Faktor: Nicht nur Organisationen lernen, sondern auch einzelne Menschen. Wenn man dreimal trotz gegenteiliger Hoffnungen nicht zum Zuge gekommen ist, wird manch eine Person eine resignative Grundhaltung ("Ich habe ja da eh kein Chance") entwickeln. 

Bei der Postleistungszulagenverordnung wurden in einer wissenschaftlichen Evaluation 3146 Personen zu den Auswirkungen der neuen flexiblen Bezahlungselemente befragt. 15 % aller Befragten gaben hierbei an, daß sie aufgrund der neuen Anreize ihre Anstrengungsbereitschaft erhöhen wollten; 18 % wollten sie verringern. Unter letzteren waren insbesondere Personen, die fest mit einer Auszeichnung gerechnet hatten, die aber leer ausgegangen waren. [9]

4. Aufwand der Vergabe

Immer stärker rückt in den Blickpunkt, daß viele Verwaltungsreformen, sei es die Einführung von Kosten-/Leistungsrechnungen, der Aufbau eines Verwaltungscontrollings, das Entwickeln von Leitbildern oder die Einführung von Vorgesetztenbeurteilungen zuerst einmal Arbeitskapazitäten bindet und insbesondere zu einer Vergrößerung der allgemeinen inneren Verwaltungsaufgabenbeitragen. Ob dieser Aufwand sich langfristig durch eine bessere Aufgabenerledigung rechnet, muß sich in der Praxis erweisen.

Diese Aufwandskategorie verdient auch bei den neuen Leistungsanreizen Beachtung: die Mitarbeiter müssen informiert werden, eine Gesamtkonzeption über die Vorgehensweise in der Behörde muß entworfen werden, Entscheidungsverantwortliche müssen bestimmt werden, Leistungsbeurteilungen müssen vorgenommen werden, Vorschläge müssen begründet werden, Bescheide für die Ausgezeichneten müssen verfaßt werden, Statistiken über die Vergabe werden angefertigt usw. usw.. Die Auszeichnung einer kleinen Anzahl von Mitarbeitern beschäftigt nicht nur die Vorgesetzten, den kenntnisnehmenden Personalrat und die Frauenvertretung; sie bietet auch in der Mitarbeiterschaft viel Gesprächs- und Konfliktstoff.

Göser/Schlatmann, die im Bundesinnenministerium an der Reform der leistungsorientierten Besoldung mitgewirkt haben, veröffentlichen den Leitfaden "Leistungsbezahlung in der Besoldung".[10] Diesen Leitfaden empfehle ich als Arbeitshilfe denjenigen, die sich mit der Einführung dieser Leistungsanreize in ihrer Behörde beschäftigen. Deutlich wird in diesem Werk auch die Komplexität der Vorgaben. Allein um die Berechnung der 10 % Quote in einer Bundesbehörde bei den Leistungsstufen darzustellen, bedarf es in diesem Werk nahezu 4 Druckseiten mit Erläuterungen, 

Vergleicht man die flexiblen Leistungsanreize des öffentlichen Dienstes mit denen von Großbetrieben der freien Wirtschaft (Tarifbereich), so fällt auf, daß einerseits der zur Verfügung stehende Geldtopf im öffentlichen Dienst relativ klein ist, andererseits aber die Vergaberegeln und -möglichkeiten dafür relativ komplex sind. Eine Vereinfachung des Verfahrens könnte beispielsweise dadurch erreicht werden, wenn alle Formen besonderer Leistungen über eine nachträgliche Jahresprämierung ausgezeichnet werden, für die man dann z. B. 2 % der Lohn- und Gehaltssumme einer Behörde vorsieht. 

Die Vergabe von Leistungsanreizen setzt komplizierte Leistungsvergleiche voraus. Auch wenn man nur 10 % der Mitarbeiter auszeichnet, so heißt dieses, daß nahezu 100 % der Mitarbeiter/innen hinsichtlich ihrer Leistungen zu beurteilen sind. Beschränkt man sich bei der Auswahl auf diejenigen, die "offensichtlich" zu den Leistungsträgern zählen, so ist die Gefahr groß, daß man Wahrnehmungsfehlern unterliegt. Zu nennen wäre hier beispielsweise der Halo- oder Blender-Effekt, bei dem ein bestimmtes persönliches Merkmal alle anderen Leistungsaspekte überstrahlt.[11]

Die gegenwärtige Beurteilungspraxis ist unter vielen Aspekten verbesserungsfähig - sie ist aber für den Mitarbeiter und die Mitarbeiterin insgesamt ein recht transparentes Verfahren der Leistungsdifferenzierung. Jede Person erhält in dem Beurteilungsvorgespräch die Möglichkeit, ihre Leistungen dem Vorgesetzten nochmals darzulegen, und sie bekommt nach Abschluß des Beurteilungsverfahrens eröffnet, in welchem Bereich sie auf einer - in der Regel durch Richtwerte justierten - Leistungsskala steht. Eine derartige Transparenz ist bei den neuen Leistungsanreizen nicht gegeben; sie herzustellen wäre mit einem beachtlichen Aufwand verbunden. In einigen Betrieben der freien Wirtschaft wird in den jährlichen Zielvereinbarungs- und Bilanzgesprächen auch die Frage erörtert, ob die gezeigten Leistungen eine besondere monetäre Prämierung nahelegen. Die Integration dieses Themas in die Zielvereinbarungs- und Jahresgespräche erscheint mir auch im öffentlichen Dienst geboten zu sein. 

Zur Verringerung des Entscheidungaufwandes wäre es aus ökonomischen Gründen bedenkenswert, die Vergabe der Leistungsstufen eng an die Leistungsbeurteilungen zu koppeln, zumindest wenn aktuelle Regelbeurteilungen vorliegen. Es ist schwerlich vorstellbar, daß jemand "dauerhaft hervorragende Gesamtleistungen"(§2 LStuV des Bundes) zeigt, ohne daß sich dieses in einer entsprechenden Leistungsbeurteilung niederschlägt.

5. Schlußbetrachtung

"Ergänzende Leistungskomponenten müssen auf die Leistungsträger beschränkt werden"[12], so ein Grundsatz der durchgeführten Dienstrechtsreform. Die Orientierung an den "Leistungsträgern" ist aus meiner Sicht aus drei Aspekten heraus diskussionswürdig:

  1. Die Beamten, die jetzt als "Leistungsträger" ausgezeichnet werden, sind in der Regel bereits auch ohne diese neuen Anreize in hohem Maße (intrinsisch) motiviert gewesen. Gerade für diesen Personenkreis bedarf es keiner besonderen Anreize, so lauten viele Rückmeldungen aus den Behörden. Oder anders ausgedrückt: Gerade bei diesem Personenkreis ist der Motivationsertrag dieser Auszahlungen gering. 

  2. Interessant ist die Frage, mit welchem Begriff man all diejenigen bezeichnen kann, die man nicht den "Leistungsträgern" zuordnet: "Nicht-Leistungsträger, Leistungsversager, Leistungsverschieber, Wasserträger", so lauten die Anregungen aus dem Zuhörerkreis. Schnell führt die Kategorisierung "Leistungsträger" dazu, die unzweifelhaft vorhandene Arbeits- und Anstrengungsbereitschaft der großen Masse der Beschäftigten in einem negativen Licht zu sehen. Zudem: In der Arbeitsgruppe wirkt die Vielfalt von Talenten und Motivationslagen belebend. Eine Gruppe, die nur aus "Wasserträgern" besteht, ist nicht erfolgversprechend; aber auch eine Gruppe, in der sich alle Mitglieder als "Leistungsträger" profilieren wollen, kommt häufig ebenso nicht zu einem optimalen Gesamterfolg. 

  3. Richtet man den Blick, wie in diesem Aufsatz geschehen, auf die Gesamtmotivation einer Arbeitseinheit, so relativiert sich die Bedeutung der besonderen Arbeitsmotivation einzelner. Viele von uns fühlten sich sicherlich nicht durch die besonderen Anstrengungen "des Strebers" in der Schulklasse zu besonderen eigenen Anstrengungen motiviert. Die Anstrengungsbereitschaft des einzelnen wird durch vielfältige gruppendynamische Prozesse geprägt und weniger durch die herausragende Leistungsbereitschaft einzelner. [13]

Zurück zur Ausgangsfrage: Steigern die neuen Anreize die Gesamtleistungen von Behörden? oder konkreter formuliert: Werden die durch die neuen Leistungsanreize möglichen Leistungssteigerungen einzelner durch die Leistungsminderungen und den Vergabeaufwand (mehr als ) aufgewogen? Eine pauschale Antwort ist hier nicht angebracht und nicht möglich. Deutlich ist jedoch geworden, daß die neuen flexiblen Leistungsanreize nicht "automatisch" die Leistungsfähigkeit von Organisationen steigern. 


[1] Als Referent im Didaktischen Zentrum der FH Bund bin ich unmittelbar von den neuen Leistungsanreizen unmittelbar berührt. Dieses vermag die an sich notwendige wissenschaftliche Distanz zu der Thematik einzuschränken. Dieses Referat basiert zudem auf Erfahrungen, die ich als Trainer im Bereich Beurteilerschulungen in unterschiedlichen Bundesbehörden gemacht habe.

[2] Auf eine Darstellung der neuen Leistungsprämien, Leistungszulagen und Leistungsstufen im einzelnen wird hier verzichtet. Siehe hierzu: Göser.H./Schlatmann,A.: Leistungsbezahlung in der Besoldung, München 1998

[3] vgl. z. B. Heckhausen, H.: Motivation und Handeln, Berlin u. a. 1980

[4] § 25 Haushaltsgesetz 1997 "Soweit gesetzlich zulässig, dürfen Beamten und Soldaten Leistungsprämien und zulagen gezahlt werden ... wenn die hierauf entfallenden Ausgaben innerhalb des Einzelplans dadurch eingespart werden, daß in finanziell gleichwertigem Umfang freie Planstellen oder Stellen nicht besetzt werden."

[5] zur Bedeutung des Gerechtigkeitsempfindens für die Arbeitsmotivation und Zufriedenheit vgl. z. B. Wiswede, G.: Motivation und Arbeitsverhalten, 1980, S. 115 ff.

[6] Eine spitze Stellenbewertung, wie sie im Angestelltenbereich der BAT vorsieht, läßt mich andererseits wieder von diesem Gedanken zurückschrecken. In der Verwaltungspraxis erlebe ich diese BAT-Vorgaben mehr als einen "Motivationskiller", denn als einen "Motivationsknüller".

[7] vgl. Heckhausen, H.: Motivation und Handeln, Berlin u. a. 1980, S. 599 ff.

[8] Ziele vereinbaren, Zielerreichung messen und belohnen, in Verwaltung und Management 4. Jahrgang, 1998, Heft 5, S. 272

[9] Ackermann, K.-F.: Leistungszulagen bei der Deutschen Bundespost, Abschlußbericht, Februar 1993 sowie Dulisch, F.: Leistungsprämien als Motivationsanreiz im öffentlichen Dienst, in Verwaltungsrundschau, Heft 2 1996, S. 50 ff.

[10] Göser, H.; Schlatmann, A.: Leistungsbezahlung in der Besoldung, München, Berlin 1998

[11] vgl. zu den Beurteilungsfehlern z. B. : Dulisch, F./Krems.B: Die neue Beurteilungsrichtlinie für den nachgeordneten Bereich des BMI, Brühl 1998, S. 71 ff.

[12] Göser, H.: Leistungsanreize in der Verwaltung, in Verwaltungsorganisation, 12/1995, S. 25

[13] Die neue Leistungsbezahlung in der Besoldung trägt diesem in einem Aspekt in einem Punkt Rechnung: Lesitungsprämien oder Zulagen können nach § 2 der Leistungsprämien und Zulagenverordnung auch an Arbeitsgruppen verliehen werden.